Biologie, Biomedizin (www.krimlex.de)
 
Die Biologie (von Griechisch bios, das Leben) konnte und kann als diejenige ursprünglich aus der Philosophie entstandene Naturwissenschaft bezeichnet werden, die sich mit der Materie des Lebendigen beziehungsweise des Lebens im Allgemeinen befasst. Im Laufe der sehr speziellen Wissenschaftsgeschichte ergaben sich hier aufgrund unterschiedlichster Denk- und Geistesströmungen verschiedenster Kulturkreise fortwährend mannigfaltigste Entdeckungen bestimmter biologischer Phänomene, dies auch als Folge gleichzeitiger hierzu notwendiger technischer Entwicklungen. Bis etwa zum Ende der geschichtlichen Neuzeit noch untergliedert in die drei inzwischen als klassisch geltenden Disziplinen der Anthropologie (Menschenkunde), Zoologie (Tierkunde) und Botanik (Pflanzenkunde), gilt diese historische Aufteilung zugunsten zahlreicher weiterer Disziplinen – die sowohl wissenschaftsübergreifend verstanden werden als zum Teil auch für sich selbst eigenständige Forschungsgebiete darstellen können – inzwischen als aufgelöst. Beispielhaft genannt seien an dieser Stelle einige besonders bedeutende modernere Fachgebiete wie etwa die Ethologie (Verhaltenslehre), Evolution (Entwicklungslehre), Genetik (Vererbungslehre), Mikrobiologie (Lehre der Kleinstlebewesen), Ökologie (Lehre vom Naturhaushalt) oder Physiologie (Lehre der Stoffwechselvorgänge).
 
Eine scharfe Abgrenzung einzelner Disziplinen oder Fachgebiete gegenüber anderen kann in der Biologie inzwischen jedoch kaum mehr gezogen werden. Vielfach kommt es hinsichtlich des Forschungsgegenstandes zu Überschneidungen mit weiteren Naturwissenschaften wie der Chemie oder der Physik, die gleichzeitig als Hilfswissenschaften der Biologie gelten können. Forschungsgegenstand der Biologie sind diejenigen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Strukturen, die sich in der Komplexität aufsteigend von Molekülen über Zellen, Zellverbänden, Organellen und Organen bis hin zu ausdifferenzierten Organismen sowie deren Zusammenleben in ihrer Umwelt erstrecken können. Dies geschieht unter Beachtung der Beschaffenheit (in makroskopischer sowie mikroskopischer Hinsicht) beziehungsweise der die Untersuchungsmethode bestimmenden Eigenart (unter Beachtung der äußeren oder inneren Form des Objekts). Als entscheidend für die Entwicklung der Biologie von einer ursprünglich eher entdeckenden und beschreibenden zu einer auch Funktionen und Prozesse analysierenden Naturwissenschaft gelten nach wie vor unterschiedlichste technische Entwicklungen mit der Möglichkeit sich hieraus ergebender neuer und exakterer Untersuchungsmethoden. Der sich auf diese Weise ständig enorm vergrößernde Untersuchungsgegenstand der Biologie in seiner ganzen Vielfalt sorgt für eine fortwährende aktuelle Weiterentwicklung der Biologie und stellt sie auf diese Weise auch zukünftig vor große Herausforderungen in vielerlei Hinsicht. Einzeldisziplinen müssen stets weiter entwickelt und ausdifferenziert, gleichzeitig aber auch systemische Zusammenhänge beachtet werden. Es gilt weiterhin unter Beachtung des naturwissenschaftlichen Forschungsfortschritts als Maxime der Biologie, das Lebendige als Topos gleichzeitig aufs Neue klassifizierend zu erfassen, analysierend zu beschreiben sowie funktional zu erklären.
 
Biologische Forschungsergebnisse finden ihre Anwendung vor allem in der Nahrungsmittel- und Textilindustrie, der Tier- und Pflanzenzüchtung, dem Umwelt- und Naturschutz und der Arzneimittelkunde als Teilbereich der Medizin, wie es generell zu Verschmelzungen des Forschungsgegenstandes innerhalb der Biologie und Medizin kommen kann. Die Trennlinie zwischen Biologie und Medizin kann innerhalb der Anthropologie gezogen werden – während beide Wissenschaften bestimmte Forschungsgebiete wie etwa Anatomie, Histologie oder Morphologie teilen, setzt die Medizin im Bereich des Pathologischen (der Krankheit oder des Krankhaften) und dessen Behandlung und Heilung an. Als Biomedizin wird dabei derjenige Forschungsbereich der Medizin verstanden, der eine möglichst natürliche beziehungsweise naturnahe Lebens- und Ernährungsweise fordert und ebenso natürliche, also naturnahe Therapiemethoden mit Rückgriff auf natürliche pflanzliche oder tierische Essenzen und Substanzen favorisiert. Dahinter steht der Ansatz der ganzheitlichen, somit Körper und Geist gleichermaßen beachtenden Betrachtung des Menschen und die Abkehr von einer strikt naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise biologischer Lebensprozesse. Diesem Ansatz wird insofern der Tatsache Rechnung getragen, dass zahlreiche Phänomene des Lebens weder mit naturwissenschaftlichen noch weiteren wissenschaftlichen Methoden lückenlos erklärbar sind. Das Paradoxon beispielsweise der versuchten, aber letztlich nicht glückenden Erklärung des Lebens durch das Lebewesen Mensch als integraler Teil der Natur und ihr gleichzeitig entrücktes Element selbst ist auch im Bereich der Neurowissenschaften Untersuchungsgegenstand. Ein bekanntes, inzwischen geradezu konventionelles Heilverfahren der biologischen Medizin ist vor allem die Homöopathie.
 
Ursprünglich biologische Forschungs- und Untersuchungsmethoden wie Anthropometrie (Lehre der Körpervermessung beziehungsweise Feststellung bestimmter Gesetzmäßigkeiten des Knochen- und Körperwachstums) oder Daktyloskopie (Fingerabdruckkunde) haben ihren Einzug in die Kriminalistik längst erhalten und können inzwischen als Standardmaßnahmen angesehen werden. Die Erstellung von DNA-Profilen beziehungsweise dem „Genetischen Fingerabdruck“ wäre in diesem Zusammenhang ohne biologische Forschung ebenfalls undenkbar und stellt beispielsweise eine Methode innerhalb der Kriminalbiologie oder Rechtsmedizin dar. Neuere gesamtwissenschaftliche Diskussionen im Schnittpunkt zwischen Biologie und Soziologie („Anlage-Umwelt-Problem“) gehen ebenfalls in beachtlichem Maße auf biologische Fragestellungen zurück, so wie nahezu jegliche Fragestellung bezüglich des Lebens letztlich in ihrer Gesamtheit auch eine biologische sein kann.
 
Literatur:
 
-Campbell, N. und Reece, J. Biologie. München, 2009.
-Fritsche, O. Biologie für Einsteiger. Heidelberg, 2010.
-Purves, W. K., Sadava, D., Orians, G. H. und Heller, H. C. Biologie. Heidelberg, 2010.

 
Schlüsselbegriffe: Forschung, Genetik, Lebendigkeit, Medizin, Mensch, Naturwissenschaft
 

Alexander Baade